Eine Weihnachtsgeschichte mit ganz persönlichen Erinnerungen.
Es ist Ende Januar 1978.
Es fallen die ersten zarten Schneeflocken für dieses Jahr und in den frühen Morgenstunden des 24. Januar wird ein kleines Mädchen geboren. Ein verspätetes Weihnachtsgeschenk für die Familie.
Elf Monate später steht dieses Mädchen auf wackligen Beinen und mit großen Augen vor der verschlossenen Wohnzimmertür. Es ist der Heilige Abend.
Die ganze Familie – Eltern, Großeltern und das kleine Mädchen – haben sich auf dem Flur vor der Tür versammelt und lauschen gemeinsam dem Klang eines Weihnachtsliedes. Die Melodie dringt aus dem Wohnzimmer. Zuerst nur ganz leise, dann immer lauter. Mit dem Verstummen der Melodie wird die Wohnzimmertür geöffnet.
Der erste Blick des Mädchens fällt in dem abgedunkelten Zimmer auf einen wundervoll geschmückten Christbaum mit roten Kugeln, goldenem Lametta, echten Kerzen und Strohsternen. Unter dem Weihnachtsbaum liegen liebevoll eingepackte Geschenke.
Auf dem Wohnzimmertisch steht eine Schale mit selbstgebackenen Weihnachtsplätzchen – Zimtsternen, Kokosmakronen, Spritzgebackenem und Nusskonfekt – in der Luft liegt ein angenehmer Duft von Tannennadeln und Kerzenwachs.
Auf dem Boden vor dem Weihnachtsbaum steht ein goldenes Glöckchen – eine Spieluhr. Jemand aus der Familie eilt zu dem Glöckchen und zieht es auf. Es ertönt eine vertraute Weihnachtsmelodie.
Nach den beiden Weihnachtsfeiertagen ist das Glöckchen plötzlich verschwunden. So sehr das Mädchen das Glöckchen auch sucht, es bleibt verschwunden.
Die Familie erklärte dem Mädchen, dass das Christkind das Glöckchen jedes Jahr wieder mitbringt und die Weihnachtsmelodie als Signal erklingt, wenn das Christkind alles perfekt vorbereitet hat. Und erst mit dem Verstummen des Liedes darf das Wohnzimmer betreten werden. Nach Weihnachtsfeiertagen holt das Christkind das goldene Weihnachtsglöckchen wieder bei der Familie ab.
Fortan besuchte das Christkind mit dem Glöckchen im Gepäck die Familie an jedem Weihnachtsabend, bis irgendwann das Mädchen nicht mehr an das Christkind glaubte. Ab diesem Zeitpunkt wurde das Glöckchen für viele Jahre in den Winterschlaf geschickt. Mit dem Weggang des Glöckchens verflog auch ein Stück der Zauber der Weihnacht.
Wir machen einen Zeitsprung in das Jahr 2014.
Etwa 30 Jahre nach dem Weggang des Glöckchens, erinnerte sich das kleine Mädchen von damals an das Goldene Weihnachtsglöckchen. Es sucht, bis es das verstaubte Glöckchen in einem Schrank mit altem Porzellan zwischen bunten Sammeltassen in seinem dunklen Versteck entdeckte.
Das Glöckchen war angestaubt, hatte aber von seinem ursprünglichen Glanz kaum etwas verloren.
Inzwischen war das Mädchen selbst Mutter eines kleinen, ungeduldigen Mädchen, dass auf dem gleichen Flur vor der verschlossenen Wohnzimmertür am Heiligen Abend wartete.
Mit der Wiederentdeckung des Goldenen Weihnachtsglöckchens kehrte auch der Zauber der Weihnacht zurück in die Familie.
Und am meisten freut sich das Glöckchen auf das kleine Mädchen, das mit großen strahlenden Augen das geschmückte Wohnzimmer betritt. Das Glöckchen hofft, dass es dieses Mal nicht so leicht wieder verschwindet. Es wünscht sich einen festen Platz im Leben der Familie und nicht nur an Weihnachten.
Auch in diesem besonderen Jahr wartet das Goldene Weihnachtsglöckchen wieder in seiner Vitrine zwischen Engeln und schönem Geschirr im Wohnzimmer der Familie auf seinen Einsatz am Heiligen Abend.
Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie eine wunderschöne Adventszeit.
Herzlichst zum 2. Advent, Eva Scheuba
Epilog:
Diese sehr persönliche Geschichte habe ich vor ein paar Jahren für eine Freundin geschrieben. Beim Schreiben hatte ich mehr als einmal eine Träne in den Augen.
Viele persönliche Erinnerungen an Menschen kamen hoch, die mich viele Jahre meines Lebens begleitet haben, aber leider schon verstorben sind.
An viele alte Bräuche und Rituale, die in der Hektik im Alltag verloren gingen, habe ich wieder erinnert und in diesem Jahr für meine Familie zurückgebracht.
Nun meine Frage an Sie:
Was wäre die „EINE“ Geschichte, die Sie mir über Weihnachten erzählen würden?
Vielleicht haben Sie im Laufe des Advents etwas Zeit und Lust Ihre ganz persönliche Weihnachtsgeschichte aufzuschreiben.
Viel Freude beim Lesen und noch mehr Freude beim Schreiben!